Melaten auf neapolitanische Art

Auf Reisen sollte man für Tage mit schlechtem Wetter immer einen Plan B bereit halten. In Neapel liegt es nahe, sich dann in den Untergrund der Stadt zu begeben, denn davon gibt es reichlich (Schätzungen liegen zwischen 80 und 120 km, genau weiß es keiner). Schon die Griechen haben ab dem siebten Jahrhundert unterirdische Steinbrüche angelegt, um aus dem weichen Tuffgestein vulkanischen Ursprungs ihre Häuser zu bauen. Die Römer haben ihr Wasser durch unterirdische Leitungen fließen lassen. Und weil sie ihre Toten nur außerhalb ihrer Städte beerdigt haben legten sie schon im zweiten Jahrhundert unterirdische Grabkammern an.

Eine dieser Katakomben, die Catacombe di San Gennaro,  ist im Capodimonte, einem Berg nördlich der Altstadt Neapels (dort gibt es auch ein bekanntes Kunstmuseum gleichen Namens) neben der Basilica  del Buon Consiglio angelegt worden. In zwei räumlich versetzten Etagen sind hier auf 5.600 m² etwa 2.000 Grabstätten angelegt worden. Im oberen Teil wurde zudem in mehreren Abschnitten ein dreischiffiger Raum angelegt, der den Charakter eines Kirchenschiffs hat und von den ersten Christen auch entsprechend genutzt wurde. Tatsächlich gilt ein kleiner Raum im unteren Teil als eine der ältesten Kirchen von Neapel. Zum Wallfahrtsort wurde dieser Friedhof für mehrere Jahrhunderte, durch die Aufbewahrung der Gebeine des neapolitanischen Stadtheiligen San Gennaro (heute in der Kathedrale von Neapel).

Links: Der dreischiffige Saal in der oberen Ebene mit einigen Nischengräbern, sog. Loculi, rechts: Ein fresekngeschmücktes Arkosol- oder Bogengrab, eine typische christliche Bestattungsform des 3./4. Jahrhunderts

Links: Fresko in der Kuppel einer frühchristlichen Kirche, rechts: In das Tuffgestein gehauene Loculi-Gräber. In der Zeit der Belegung waren diese Gräber mit Platten verschlossen oder zugemauert. Später wurden die Gebeine in den Cimitero delle Fontanelle transloziert. Dieser ist eine knappe halben Stunde von den Catacombe di San Gennaro entfernt, der Fußweg dorthin führt durch ein für diese Stadt typisches Viertel namens Sanitá.

Ursprünglich war an dieser Stelle ein Steinbruch. Im 17. Jahrhundert fiel jedoch mit 250.000 Toten mehr als die Hälfte der damaligen neapolitanischen Bevölkerung der Pestepidemie zum Opfer. Diese wurden hier in einem Massengrab beigesetzt, so dass eine Zuordnung an bestimmte Personen nicht möglich ist. Gleiches geschah mit den nach einer Choleraepidemie Verstorbenen und Opfern mehrerer Ausbrüche des Vesuvs. Im 19. Jahrhundert wurden die  Gebeine schließlich sortiert und in die heutige Ordnung gebracht.

Der Cimitero delle Fontanelle ist heute eine vielbesuchte Sehenswürdigkeit von Neapel. Er ist tagsüber kostenlos zugänglich.