Guidemichael unterwegs: Stromboli

Das Siebengebirge besteht in weiten Teilen aus erloschenen Vulkanen. An einigen Stellen, am besten am Weilberg, können wir seine Entstehungsgeschichte nachvollziehen. Hier herrscht seit Millionen von Jahren Ruhe, ich hingegen wollte endlich richtige Lava sehen. Während aktuell einige aktive Vulkane in Mittelamerika und auf Hawaii die Bewohner in Angst und Schrecken versetzen gibt es in Europa, und zwar  in Süditalien, eine Möglichkeit, einen Vulkanausbruch live und aus sicherer Warte zu erleben: auf Stromboli, nördlich von Sizilien gelegen und zu den  sieben Äolischen bzw. Liparischen Inseln zählend.


Aufwendige Anfahrt: zu Fuß zum Bahnhof, per Flugzeug mit Umstieg in München nach Catania, per Bus zwei Stunden nach Milazzo, dann  noch einmal zwei Stunden mit der Fähre nach Stromboli, rechts: Smoke On The Water: ein erster Blick auf den rauchenden Riesen


Die Äolischen/Liparischen Inseln liegen wie ein plattgefahrenes "Y" vor der nordöstlichen Küste von Sizilien. Stromboli ist hierbei der letzte Punkt  auf dem rechten Ärmchen.  Die Insel besteht praktisch nur aus dem Vulkan, sie weist eine Fläche von knapp 13 km² auf und ist etwa 980 m hoch.  Früher gab es dort, wo heute das Tragflügelboot anlegt, die Dörfer Scari, San Vincenzo, Ficogrande, Piscità und San Bartolomeo, diese sind aber praktisch zu einem Ort zusammengewachsen. Auf der anderen Seite der Insel und nur per Boot erreichbar gibt es den Ort Ginostra mit vielleicht 30 Einwohnern.


Der Tag des Aufstiegs: klare Sicht zum Gipfel, Selfie mit Vulkan vom Hotel aus, Vulkan mit "Spanischem Schilf", welches die Iberer einst zur Abgrenzung ihrer Felder angepflanzt haben, heute  aber verwildert ist und bis in Höhen von etwa 600 m Höhe angetroffen werden kann.


Um meinen Traum vom Lava spuckenden Vulkan zu erleben habe ich mich einer Reisegruppe angeschlossen. Die bange Frage, ob das Wetter und vor allem der Vulkan mitspielen wurde am vierten Tag unseres Aufenthaltes entschieden: die Sicht war klar, der Bergführer, ohne den der Gipfel nicht begangen werden darf gab "Grünes Licht", der Aufstieg startete um 17:00 Uhr. Warum so spät? Wie die meisten Besucher (ich habe gehört, dass pro Tag bis zu 200 Wanderer dort oben unterwegs sind) wollten meine Gruppe und ich die Ausbrüche des Vulkans im Dunkeln erleben,  was einerseits den Erlebniswert dramatisch erhöht, für den Rückweg jedoch andererseits eine Nachtwanderung einschloss.


Der Aufstieg: oben rechts und Mitte Guidemichael und die Gruppe beim Aufstieg, oben rechts Begegnung mit wilden Ziegen. Unten links erster Blick zum Krater, als Zugabe bekamen wir einen fantastischen Sonnenuntergang geschenkt


Der Aufstieg unter sachkundiger Anleitung von Bergführer Alex erfolgte über den sogenannten "Alten Weg", der insofern historisch ist, weil auf ihm 1949 einige Sequenzen des Ingrid Bergmann-Film "Stromboli" gedreht worden sind. Wir brauchten mit einigen hitzebedingt dringend notwendigen Trinkpausen drei Stunden, um den Höhenunterschied von fast 1.000 m zu schaffen. Der Einstieg war hierbei über schön angelegte, gepflasterte Wege noch einigermaßen  bequem, später nahm die Topographie Formen an, die ich als im Rheinland lebender Mensch schon im Bereich "semi-alpin" ansiedeln würde. Vorbei am Rande der "Sciara del Fuoco", über die bei großen Ausbrüchen des Stromboli, zuletzt 2007, die Lava bis ins Meer fließt, erreichten wir mit einbrechender Dunkelheit den Gipfel. Der Rat unserer Reiseleiterin Fatima, ein zweites T-Shirt zum Wechseln und warme Kleidung mitzunehmen, erwies sich angesichts des kühlen Windes dort oben als durchaus angebracht.

Bedingt durch die Bildung von Gasen in den Schloten erfolgen in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen an verschiedenen Stellen des Kraters teilweise heftige Ausbrüche. Gefühlte 50-100 m hoch wurden dabei die rötlich-weiß glühenden Lavafetzen in den nächtlichen Himmel geschleudert, begleitet von einem wütenden Fauchen, ganz so, wie wir es uns bei einem Drachen in einem Fantasiefilm oder einem Märchen vorstellen. Nach den Eruption fielen die glühenden Lavabrocken zu Boden, und machten dabei  ein Geräusch, das nicht an schwere Steine sondern eher an das raschelnde Knirschen von Koksstückchen erinnerte. Sekundenlang noch glühten sie noch am Boden liegend nach.


Inferno am Nachthimmel und verglühende Lava am Boden


Foto rechts:   "Glühwürmchen" beim Abstieg, die Lampe links, das bin ich. Das Foto stammt von Micha aus dem Erzgebirge.

 

Der Abstieg hat dann Riesenspaß gemacht. Alle Teilnehmer waren mit Stirnlampen ausgerüstet, so dass unsere unmittelbare Umgebung taghell ausgeleuchtet war (diese  Glühwürmchen-Karawanen können übrigens sehr schön vom Ort aus in der Dunkelheit beobachtet werden...). Der erste Teil führte durch ein Gelände mit Lava-Asche, die ähnlich begehbar war wie Tiefschnee. Beim Queren eines Schilfgebietes war die Staubbildung dermaßen lästig, so dass die vom Guide verteilten Schutzmasken durchaus Sinn machten. Nach etwa 1,5 h waren wir wieder am Hotel, wo uns trotz vorgerückter Stunde noch kühle Getränke angeboten wurden, die dankbar angenommen wurden

 

Fazit: 5 1/2 Stunden große Anstrengung, viel Schweiß, aber alle Erwartungen wurden erfüllt. Vielleicht wäre es mit ein paar Leuten dort oben etwas schöner gewesen, aber der Stromboli ist halt die größte Attraktion dieser Inseln.

 

P.S.: ich habe gehört, dass man auch nachts um eins aufsteigen kann. Da wäre dann noch ein Sonnenaufgang mit drin und nicht ohne Reiz. Mal sehen....