Das Fossilienpflaster

Wenn Sie als Einwohner oder Besucher der Domstadt im Bereich der Altstadt unterwegs sind lohnt es sich, einen Blick auf das Straßenpflaster zu werfen. Sie werden nicht nur hässliche Kaugummireste finden, sondern auch - und das manchmal haufenweise - kleine runde Einschlüsse, wie auf dem Foto nebenan zu sehen. Besonders im Bereich des neu angelegten Kurt-Hackenberg-Platzes sind diese zahlreich zu finden. Und was hier im wahrsten Sinne des Wortes von den Passanten – also von Ihnen und mir - mit Füßen getreten wird, hat vor fast 400 Millionen Jahren einmal in einem tropischen Meer gelebt: Es sind versteinerte Seelilien, also echte Fossilien.

Wir verdanken diesen ungewöhnlichen Anblick dem „Gestaltungshandbuch – Gesamtstrategie für den öffentlichen Raum der Stadt Köln“. Weil die Grauwacke ortstypisch ist und einen „gehobenen Standard“ repräsentiert, gibt es für weite Bereiche der Innenstadt vom „Dezernat Stadtentwicklung, Bauen und Planen“ die Vorgabe, einheitlich diesen Stein zu verwenden. 

Ortstypisch heißt in unserem Fall auch, dass der Stein lokal abgebaut wird. In der Region um Lindlar nördlich von Köln wird er noch heute in drei Betrieben gebrochen. Auf die heutige Karte übertragen erstreckte sich hier vor etwa 350 Millionen Jahren (im Devon, wie die Geologen sagen) ein etwa 40 Meter tiefes, warmes Urzeitmeer. Durch Flüsse aus den angrenzenden Landmassen wurde sandiger und toniger Abtragungsschutt in großen Mengen in dieses Meer verfrachtet. Eine Schicht legte sich über die andere bis diese so mächtig waren, dass sie sich unter ihrem eigenen Druck verfestigten. So entstand das Sedimentgestein, das unter der Bezeichnung „Grauwacke“ vermarktet wird.

In diesem Urmeer lebten die Seelilien. Die Bezeichnung ist irreführend, denn die Rede ist nicht von Pflanzen, sondern von Tieren aus der Familie der Stachelhäuter, die mit Seesternen und Seeigeln verwandt sind. Beim Skelett der prähistorischen Seelilie handelte es sich um ein kalkiges Innengerüst aus vielen einzelnen Segmenten, das durch eine organische Hülle zusammengehalten wurde. Die Wurzel diente der Fixierung am Meeresboden, die Fangarme am oberen Ende der Nahrungsaufnahme.

 

 

 

Von Berengi - Übertragen aus de.wikipedia nach Commons.,

CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=3367143

Starb die Seelilie ab, verweste das organische Material, aber die knöchernen Skelettsegmente blieben erhalten, versanken im Sediment und versteinerten zusammen mit ihm. Wenn heute in den Steinbrüchen rund um Lindlar die Grauwacke geschnitten und, wie in unserem Fall, zu Gehwegplatten verarbeitet wird, kommen sie als kleine runde Einschlüsse wieder zum Vorschein. Das sind die kleinen Kringel, die Sie heute im Kölner Straßenpflaster, zum Beispiel am Kurt-Hackenberg-Platz, sehen können.

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